Sehr lange Zeit habe ich so gut wie nichts mehr mit meinem geliebten Haflinger Liberty gemacht, den ich mir zu meinem 35igsten Geburtstag geschenkt habe. Ich begann erst sehr spät zu reiten, mal abgesehen von den üblichen Stunden als Kind. Erst mit ca. 32 hat es mich dann so richtig erwischt. Ich wurde Mitreiterin, nahm Stunden, habe mir viel Wissen angeeignet bis ich dann das Gefühl hatte soweit zu sein um die Verantwortung für ein eigenes Pferd zu übernehmen.
Liberty hat mein Leben
dann komplett auf den Kopf gestellt. Er war der Auslöser für viele
einschneidende Entscheidungen in meinem Leben. Meine Hälfte an meinem
Personalberatungsunternehmen abzugeben, Tierservice-Mobil zu gründen um
Tiersitterin zu werden, mich nach einem Hof umzusehen der es mir erlaubte mein
Pferd ganz bei mir zu haben.
Als wir dann auf Hof-Sonnenweide
zogen hat sich unser Verhälntis zueinander verändert. War ich vorher Libertys Herdenführerin,
war er nun selbst Führer einer Herde und wollte sich nichts mehr von mir
vorschreiben lassen. Während in den Ställen, wo er vorher eingestellt war,
immer ein mehr oder weniger fixer Tagesablauf herrschte, war er nun
selbstbestimmt was Futter, Wasser, dösen, schlafen, Sozialpflege, usw. betraf.
Er brauchte mich nicht mehr und das zeigte er sehr deutlich. Am Beginn war mir
das noch nicht so klar, weil ich ohnehin alle Hände voll mit dem Hof und den
vielen tierischen Neuzugängen zu tun hatte. Da blieb wenig Zeit für Reiten oder
sonstige Mußestunden mit meinem Pferd. Manchmal, wenn ich mir dann die Zeit
nahm, wollte er nicht und das hat er mir auch überdeutlich gezeigt.
In den letzten Jahren habe
ich mich mehr oder weniger damit arrangiert. Ich wollte ihn auf keinen Fall zu
etwas zwingen, ich freute mich einfach das er da war, ein so gelassenes, relaxtes
und glückliches Pferd. Er lebt mit Rokita unserer Stute und den vier Eseln auf
ca. 1 ha Fläche bestehend aus Wald, Wiese, Gatschkoppel, Unterstand. Was
braucht ein Pferd mehr zum Pferdeglück?
Heuer im Sommer wurde ich
jedoch erstmals etwas wehmütig. Ich vermisste die schönen Ausritte in den Wald,
die Spontanität und einfach das Beisammensein mit einem Lebewesen das so viel
zu geben hat und auch fordert. Aber ich wusste nicht wie anfangen. Ich habe
natürlich im Laufe meines Reiterlebens viele Kurse und Ausbildungen gemacht,
viel gelesen und am meisten haben mich, gerade in letzter Zeit alles begeistert
was mit „Freiarbeit“ im weiteren Sinne zu tun hat. D.h. einfach eine
Vertrauensbasis mit dem Pferd die es erlaubt ohne jeglichen Zwang beisammen zu
sein und das Pferd als gleichwertigen Partner zu akzeptieren. Das klingt
unheimlich gut und es gibt mittlerweile auch einiges an Literatur darüber, ich
war sogar eine Woche auf einem Kurs in Deutschland um das zu lernen.
Trotzdem mein Verstand
vollkommen einverstanden war mit allem was ich lernte und las, hat es mich vom
Gefühl her zu wenig berührt um wirklich was damit zu machen. Ich habe immer
wieder kurze Versuche gestartet, div. Übungen gemacht, war aber der Funke ist
nicht übergesprungen. Ich kenn mich ja, wenn mich etwas wirklich begeistert
finde ich immer einen Weg es zu lernen und umzusetzen. Da gibt’s keine Ausreden
wie keine Zeit oder sonstiges. Das war in diesem Fall nicht so. Also habe ich
es wieder bleiben lassen, im Vertrauen darauf das es einfach noch nicht der
richtige Zeitpunkt ist um wieder zusammen zu wachsen. Sobald sich etwas mühsam
anfühlt, kann es nicht gut sein.
Und genauso war es auch.
Vor ein paar Wochen habe ich bemerkt das sich in mir was tut und diese Hinweise
auch sehr offen angenommen. Fotos von Liberty und mir die mir wieder
untergekommen sind, ein Bild meiner ehemaligen Trainerin auf FB, das sie auf
ihrem Pferd zeigte (sie hat auch immer wieder (Reit)pausen gemacht), ein
Spaziergang mit einer Kundin und deren Pferd. Der letzte Hinweis kam gestern
beim Weihnachtsmittagessen mit meinen Eltern. Sie haben ein vergrößertes Foto
von mir und Liberty im Regal stehen. Das fiel mir jetzt jahrelang nicht auf.
Gestern habe ich es wieder wahrgenommen. Darauf liege ich ohne Sattel und
Zaumzeug auf Liberty hab die Arme um seinen Hals gelegt und bin sichtlich
glücklich.
Als wir nach Hause fuhren
war der Weg plötzlich da. Was vorher so kompliziert erschien war nun ganz
einfach. Alle Hindernisse die sich mir vorher scheinbar in den Weg stellten,
waren nicht mehr wahrnehmbar. (da möchte ich jetzt nicht ins Detail gehen weil
es auch egal ist und sie nur in meinem Kopf existierten) Ich ging auf die Koppel,
holte Liberty heraus der auch sofort mitging, sattelte ihn und wir spazierten
gemeinsam auf meinem kleinen Reitplatz herum. Ganz entspannt und ohne Zwang. Weil ich so große Lust dazu hatte habe ich mich auch auf ihn raufgesetzt
und es war wie heimkommen. Als hätte mein Hintern und Libertys Rücken nie eine
Pause voneinander gemacht.
Mein Liberty und ich sind
und sehr sehr ähnlich. Jeder Pferdebesitzer wird diese tiefe Verbindung mit
seinem Pferd bestätigen können und es gibt ja auch ganz viel zum Thema „Pferd
als Spiegel“ zu lesen. Gerade diese
Ähnlichkeiten in unserem Charakter macht es mir nun ganz leicht wieder einen
Zugang zu finden. Und es ist unser Weg. Ich kann mir zwar Tipps von außen holen
aber letztendlich muss ich selbst wissen was gut für uns ist. Ich verlasse ich
mich auf mein Gefühl und bin aufmerksam auf das was sich mir zeigen will.
Heute sind wir unsere
Wiese abgeritten. Im Nebel und mit Raureif, im Hintergrund ein bisschen Sonne. Es
war wunderbar und ich spüre ganz deutlich das nun der richtige Zeitpunkt da ist
um die Beziehung zu meinem Pferd wieder zu vertiefen. Ich freu mich unglaublich
darüber und bin gespannt und neugierig wie es weitergeht. Mal schauen was sich
daraus noch ergibt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen